In der Schweiz haben Arbeitnehmende gemäss Art. 330a OR jederzeit Anspruch auf ein Arbeits- oder Zwischenzeugnis. Dieses muss wahr, wohlwollend und vollständig sein. Es enthält Angaben zur Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses sowie zu Leistung und Verhalten der Arbeitnehmenden.
Wie erkenne ich, ob mein Arbeitszeugnis wirklich gut ist?
Mit dieser Checkliste kannst du Schritt für Schritt prüfen, ob dein Zeugnis den Anforderungen entspricht:
1. Formelle Anforderungen
- Sind vollständige Angaben zu Firma, Name, Beschäftigungsgrad und Anstellungsdauer vorhanden?
- Ist das Zeugnis datiert, unterzeichnet und auf offiziellem Firmenpapier verfasst?
- Deckt es das gesamte Arbeitsverhältnis ab (inkl. Beförderungen, Funktionswechsel etc.)?
2. Tätigkeitsbeschreibung
- Sind alle relevanten Aufgaben und Verantwortungsbereiche beschrieben?
- Wurde spezifisch formuliert („zuständig für“ statt nur „Mitarbeit in“)?
3. Leistungsbeurteilung
- Wird auf die Qualität der Arbeit (Zuverlässigkeit, Effizienz, Fachwissen etc.) eingegangen?
- Ist die Formulierung durchgehend positiv oder sachlich neutral?
- Werden Engagement oder besondere Leistungen hervorgehoben?
4. Sozialverhalten
- Ist dein Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Kolleg:innen, Kund:innen beschrieben?
- Fehlt dieser Punkt komplett? (Das kann ein Warnsignal für künftige Arbeitgeber sein.)
5. Sprache und Ton
- Ist die Sprache klar, verständlich und frei von Codes?
- Gibt es keine versteckten negativen Hinweise oder ironischen Untertöne?
- Ist das Zeugnis sprachlich einheitlich und professionell verfasst?
6. Vollständigkeit & Objektivität
- Werden längere Abwesenheiten korrekt erwähnt (z. B. Krankheit, Mutterschaft), wenn sie mehr als 20 % der Anstellungsdauer ausmachen?
- Falls Konflikte erwähnt werden oder du gekündigt wurdest, sind diese sachlich und berechtigt formuliert?
- Spiegelt das Zeugnis ein realistisches Bild deiner Position und Leistung wider?
7. Schlussformel
- Wird dir für die geleistete Arbeit gedankt?
- Wird dein Austritt bedauert?
- Gibt es Wünsche für die Zukunft? (Kein Muss, aber ein positives Signal.)
Die Wahrheitspflicht steht über dem Wohlwollen, das heisst: Auch kritische Aspekte dürfen erwähnt werden, wenn sie sachlich, fair und nachvollziehbar sind. Codierte oder irreführende Aussagen sind unzulässig. Falls du keine inhaltliche Beurteilung wünschst, kannst du stattdessen eine einfache Arbeitsbestätigung verlangen, die nur Art und Dauer deiner Tätigkeit festhält.
Was tun bei Unsicherheit?
Wenn du unsicher bist, ob dein Arbeitszeugnis den gesetzlichen Anforderungen entspricht oder ob die Formulierungen für dich vorteilhaft sind, kann sich eine professionelle Einschätzung lohnen, etwa durch eine Fachperson aus dem HR, eine Gewerkschaft, einen Rechtsdienst oder einen Online-Zeugnischeck. Du hast das Recht auf ein korrektes und faires Zeugnis.